Thomas Lang ist Geschäftsführer und Inhaber der Carpathia AG. Wenn ich mich geschäftlich oder privat mit E-Commerce beschäftige, komme ich um seinen Namen kaum herum. Insbesondere seine Blogartikel begegnen mir immer wieder. Und dann ist da noch der jährliche Digital Commerce Award. Im Interview befrage ich Thomas, wie er zu seiner starken Personenmarke gekommen ist und was deren Auswirkungen für ihn sind.
Thomas, seit 2012 führst du den Swiss E-Commerce Award (heute: Digital Commerce Award) durch. War ein Ziel bei dessen Lancierung auch der Aufbau deiner Personenmarke? Und welche Bedeutung misst du der Veranstaltung heute für dein Personal Branding bei?
Nein, das war nie das Ziel. Wir haben den Award auch ganz bewusst nicht als Carpathia Award lanciert sondern als Branchen-Award. Klar, wir sind Organisatoren und ich auch ein bekannter Kopf dahinter. Es war und ist uns jedoch enorm wichtig, dass der Award als unabhängiger Branchenaward positioniert ist. Das zeigt sich auch durch die fast 20-köpfige, breit abgestützte Jury, bei der ich nicht mal Mitglied bin. Daher ist es interessant, dass die Wahrnehmung und unsere Positionierung doch so unterschiedlich sind.
Zweifellos ist auch dein Blog ein wichtiges Werkzeug für die Demonstration deiner Expertise (und jener von deiner Firma Carpathia AG) im Bereich E-Commerce. Du bist äusserst produktiv. Wie kriegst du den hohen Rhythmus an Blogbeiträgen eigentlich zeitlich auf die Reihe?
Ich bin in der privilegierten Lage, sehr schnell schreiben und fast so schnell denken zu können 😉. Die Mehrheit meiner Artikel sind nicht geplant, sondern spontane Reaktionen, Einschätzungen, Kommentare. Schnappe ich eine News auf, wird etwas an mich herangetragen etc. gelingt es mir in der Regel, innert 30 Minuten einen Artikel zu publizieren. Und dafür lasse ich meistens alles andere kurz ruhen, wenn es die Situation erlaubt. Ich denke auch, dies ist mitunter ein Erfolgsgeheimnis, dass wir damit die News und Einschätzungen immer sehr zeitnah haben und in ansprechender Kadenz. Und es verpflichtet auch. Doch apropos «Produktivität» – bitte nicht vergessen, dass ein guter Teil der Artikel auch von meiner grossartigen Crew stammt.
Welche weiteren Kanäle oder Methoden waren für dich relevant beim Aufbau deiner Personenmarke?
Ich denke, es ist der Mix, der es ausmacht. Der Blog ist sicher ganz zentral, quasi das Mutterschiff. Die Satelliten, die darum kreisen, sind Fachartikel, Referate, Schulungen oder auch Medienpräsenz. Gerade letzteres hat einen extrem hohen Reach, ob Print oder TV. Und auch hier gilt es, sehr schnell und kompetent reagieren zu können, denn dann bist Du auch attraktiv für die Medienschaffenden und Journalisten.
All dies befruchtet sich gegenseitig. Extrem wichtig ist absolute Authentizität und Glaubwürdigkeit. Und ja, man tritt gelegentlich mal ins Fettnäpfchen und erntet nicht immer nur Applaus von allen.
Was hat im Gegenteil für dich überhaupt nicht funktioniert?
Eigentlich nichts oder ich weiss es nicht, weil ich es nicht versucht habe. Seit Jahren haben wir schon an innovativen Podcast-Formaten oder Video-Konzepten studiert, es jedoch aus Kapazitätsgründen sein lassen. Wie so oft hat man mehr Ideen als Zeit.
Hast du zu einem gewissen Zeitpunkt bewusst eine Strategie für dein Personal Branding erarbeitet mit Zielen, Zielgruppen, Themen, Kanälen? Oder hat sich das eher einfach so durchs Tun entwickelt?
Das Personal Branding war gar nie geplant. Mir war es immer wichtig, über Themen und Kompetenzen Reichweite zu generieren. Dass damit auch mein Name und mein Kopf in den Mittelpunkt gerückt sind, ist mehr eine Folge davon und ehrlich gesagt auch nicht immer nur angenehm. Das Personal Branding hat sich mehr einfach nur ergeben, weil ich mich für die Sache stark und laut gemacht habe.
Welche Vorteile ergeben sich für dich durch deine Bekanntheit im Bereich E-Commerce?
Ich denke, der grösste Vorteil ist das Netzwerk oder dass wir quasi jede Türe in der Top-Etage öffnen können und Zugang zu allen wichtigen Personen haben. Das ist einerseits wertvoll für die Beratungstätigkeiten, weil wir damit Zugang zu sehr viel Know-how haben. Anderseits ist es natürlich auch sehr wertvoll bei der Organisation unserer Konferenz, die wirklich wichtigen Leute für die Themen auf die Bühne einzuladen.
Gibt es auch Nachteile?
Selbstverständlich, denn wenn man sich exponiert, haben nicht immer alle Freude daran. Vor allem auch, wenn man Kritik übt. Wir legen jedoch sehr viel wert darauf, dass die Kritik immer begründet ist und auch Lösungsvorschläge enthält. Wenn also jemand will, dann kann er auch profitieren. Und mir hat ein guter Freund und Geschäftspartner mehr als einmal gesagt: Je heftiger die Reaktion, je genauer hast Du den wunden Punkt getroffen. Doch nicht dass dies unser Ziel wäre, da möchte ich nicht missverstanden werden. Und dann gibt es natürlich auch Neid. Doch dieser ist bekanntlich die höchste Form der Anerkennung.
Welchen Rat würdest du jemandem geben, der heute von Null auf seine Personenmarke aufbauen möchte?
Keine einfache Frage, weil ich nie das Ziel hatte eine Personenmarke aufzubauen. Ich würde empfehlen, sich selber nicht zu wichtig zu nehmen und nicht so fest ins Zentrum zu stellen, sondern mit Themen- und Fachkompetenz zu überzeugen. Wenn dies ankommt und man diese Creditiblity erhält resp. die Themenführerschaft erreicht, dann klappt es mit der Personenmarke schon fast automatisch.
Herzlichen Dank für das Interview.
(Dieses Interview ist Teil 1 einer kleinen Interview-Serie zum Thema Personal Branding.)
Thomas Lang ist Geschäftsführer und Inhaber der Carpathia AG, der unabhängigen und neutralen Unternehmensberatung für Digital-Business und E-Commerce. Autor von zahlreichen Fachartikeln und -studien, Dozent für Online-Vertriebsmodelle an verschiedenen Hochschulen sowie gefragter Referent an intl. Konferenzen zum Thema E-Commerce und Digitale Transformation im Handel. Der Blog https://blog.carpathia.ch gilt als eine der führenden Publikationen im deutsch-sprachigen Europa wenn es um Digital Commerce geht.