Oliver Lutz ist Senior Content Marketing Manager bei UPC Schweiz. Watson hat ihn unlängst als „Schweizer E-Sports-Papst“ bezeichnet. Beim „Besetzen“ von Themen ist er zudem Wiederholungstäter. Im Interview spreche ich mit Oliver über sein Rezept beim Personal Branding und welche Vorteile ihm seine Personenmarke bringt.
Oliver, dein Name ist bei vielen Personen im Bereich eSports „top-of-mind“. Vor ein paar Jahren hattest du bereits einmal ein ganz anderes Thema „besetzt“: Google+. Was ist dein Rezept?
Grundvoraussetzungen sind Neugierde und echtes Interesse an einem Thema. Als Google damals seinen Social Layer ankündigte, war mir klar, dass ich mir das unbedingt genauer ansehen muss. Weil das Ding von Google kam und etwas später im Bereich Live-Streaming echt revolutionär war.
Bei beiden Themen warst du früh dabei. Wie wichtig ist es beim Personal Branding, sein Thema zu bespielen, wenn es noch in den Kinderschuhen steckt?
Natürlich ist das ein Vorteil, da du von Beginn weg als mögliche Referenz genannt wirst. Ein K.O.-Kriterium ist es allerdings nicht. Viel entscheidender ist, dass man seine eigenen Themenfelder konsequent bespielt und damit das Profil schärft – ohne zwingend Fachidiot zu werden. Meine Grosse Liebe ist und bleibt Content Marketing. In diesem Kontext ist eSports ein Themengebiet, Google+ war ein Werkzeug.
Entwickelst du deinen Status als Experte gezielt? Hast du eine Strategie erarbeitet mit Zielen, Zielgruppen, Themen, Kanälen und was noch so zum Personal Branding dazugehört?
Selbstverständlich habe ich ein 20-seitiges Deck kreiert, das über meinem Bett hängt. Dazu eine Tasklist mit Milestones und eine Management Summary. Nein, nicht wirklich. 😉 Aber natürlich habe ich mir grob Ziele- und entsprechende Gruppen überlegt. Ausgehend vom Oberbegriff Content Marketing spiele ich dann die Themen, wobei eSports aufgrund meines Jobs Priorität hat. Hieraus leiten sich dann auch weitere Ziele- und Gruppen ab. Schliesslich positioniere ich mit jedem Post mich und das Unternehmen gleichermassen.
Wichtigster Punkt ist also, dass man sein Thema findet und eingrenzt. Das hilft für die Profilschärfung und vereinfacht gleichzeitig die Wahl des passenden Contents, bei dem sich viele schwer tun.
Welche Kanäle oder Methoden funktionieren für dich beim Aufbau deiner Personenmarke gut – offline wie online?
Schön, dass du offline ansprichst. Der echte Austausch ist für mich zentral. Er schafft Beziehungen und lädt die Profilbilder inhaltlich auf. Gelernt habe ich dabei, dass ich solche Events nicht zu verkrampft angehen muss. Treffe ich auf spannende Leute ist das super! Ansonsten freue ich mich über neue Gedankenanstösse und Diskussionen ausserhalb der eigenen Unternehmensbubble. Und im schlimmsten Fall weiss ich beim nächsten Mal, wieso ich Event x künftig von meiner Agenda streichen kann.
Online ist und bleibt für mich Twitter eine wichtige Inspirationsquelle. Obschon ich in den letzten Monaten auch eine Zunahme an politischen Diskussionen und Besserwissereien feststelle. Nicht, dass ich solche Diskussionen nicht mag. Twitter scheint mir dafür aber nicht die passende Plattform.
Während ich Xing fast nicht aktiv nutze, ist LinkedIn für mich zentral. Die Reichweiten sind erstaunlich und viele Beiträge spannend. Gleichzeitig steht die Plattform am Scheideweg zwischen relevant und “Berufsfacebook”. Angetrieben von findigen “Social Sellern” verkommen zahlreiche Beiträge zu reinen Tagging-Aktionen. Eben genau wie bei Facebook in den schlimmsten Wettbewerbszeiten. Ich hoffe stark, dass dem ein Riegel vorgeschoben wird. Im Wissen darum, dass LinkedIn die Leute auf seiner Plattform möchte und dieses Verhalten ja zumindest momentan sogar noch belohnt.
Apropos LinkedIn: Du publizierst da regelmässig Beiträge in Form von „Artikeln“. Gleichzeitig hast du keine eigene Website oder Blog. Was ist der Hintergrund?
Die Artikel schreibe ich, weil sie mir als Gedankenstütze dienen. LinkedIn bietet mir hierbei ein einfaches Tool und Reichweite am Ort, wo mein Netzwerk ist. Gleichzeitig lässt es mir die Flexibilität, dass ich nicht zwingend regelmässig Inhalte liefern muss. Im Wissen darum, dass sie dann nicht mir gehören. Das ist immer auch ein Risiko. Unternehmen empfehle ich deshalb owned Plattformen ins Zentrum zu rücken. Vielleicht nehme ich mir auch für mich als Privatperson mal noch die Zeit dafür.
Was hat im Gegenteil für dich überhaupt nicht funktioniert?
Habe mich ein paar Tage an Snapchat versucht. Ein Missverständnis.
Lohnt es sich überhaupt, seine Energie in Personal Branding zu investieren? Welchen Nutzen hast du von deiner Bekanntheit im Bereich „eSports“?
Watson hat mich als eSports-Papst bezeichnet. Also hat es sich auf jeden Fall gelohnt. 😉 Noch etwas wichtiger sind die zahlreichen Kontakte, die sich laufend ergeben. Davon profitiert das Projekt, UPC als Unternehmen und ich persönlich. Für Projekt und Unternehmen haben sich spannende Kooperationen ergeben, ich werde für Vorträge oder Fachbeiträge angefragt. Der Nutzen ist also zweifellos da.
Expertentum rund um Plattformen hat seine Tücken. Wie sehr hat es dich geschmerzt, als es mit Google+ abwärts ging?
Ehrlich gesagt gar nicht allzusehr. Es war leider relativ bald klar, dass die Plattform für die breite Masse zu geekig ist. Die wahrscheinlich beste Funktion – Live-Streams – wurden dann ja erfolgreich adaptiert. Es war eher eine sehr lehrreiche Erfahrung. Aber natürlich: wäre Google+ DAS Ding geworden, hätte ich nicht nein gesagt.
Inwiefern hast du von deinen Erfahrungen mit Google+ – damals hast du noch bei Veloplus gearbeitet – auch in anderen Bereichen profitieren können?
Technisch habe ich sehr viel gelernt. Etwa wie man einen Livestream mit mehreren Kameras hostet und Live-Regie führt. Und dass das Ganze schon mal in die Hose gehen kann, wenn man mit schlechter Hardware arbeitet. Die Talks waren dann auch die Grundlage für die Videochats mit unserer Geschäftsleitung, die mittlerweile kompetentere Videoleute machen. Inhaltlich hat uns damals die Vorreiterrolle viele Goodies bei Google gebracht. So etwa persönliche Ansprechpartner für die verschiedenen Dienste und tiefergehende Beratung.
Zudem duften wir als erstes Unternehmen ein neues Ads-Format testen. Zusammen mit Toyota. Das war lieb gemeint. Doch während Toyota dafür eine tolle Brandingkampagne kreierte, bastelte ich etwas in Photoshop zusammen. Die Performance war entsprechend schlecht. Und es war schon unterhaltsam in Dublin bei Google unseren G+ Case zu präsentieren.
Welchen Rat würdest du jemandem geben, der heute von Null auf seine Personenmarke aufbauen möchte?
Wähle ein Thema aus, das dich interessiert und zu dem du Mehrwert kreieren kannst. Beginne es zu bespielen und lasse dich nicht abschrecken, wenn du nicht sofort grosse Diskussionen auslöst. Wenn es dir hilft, kannst du einen kleinen Redaktionsplan erstellen und Beiträge planen. Wichtig scheint mir auch immer Beiträge persönlich zu prägen. Also eine Meinung mitzugeben und diese auch zu vertreten. Der Antrieb dabei muss von dir selbst kommen. Wenn ich Sport als notwendiges Übel sehen, wird er mir nie Spass machen. Das Gleiche gilt fürs Personal Branding. Deshalb sollten auch Unternehmen mit entsprechenden Initiativen die Leute im Betrieb suchen, die ein solches Projekt wirklich mittragen möchten. Qualität vor Quantität.
Herzlichen Dank für das Interview.
(Dieses Interview ist Teil 3 einer kleinen Interview-Serie zum Thema Personal Branding.)
Oliver Lutz ist Senior Content Marketing Manager bei UPC Schweiz. Sein Fokus liegt insbesondere auf dem Thema Community Building und Aktivierung über digitale Kanäle. Neben seiner Haupttätigkeit doziert er an verschiedenen Schweizer Hochschulen in den Bereichen Digital Marketing, Content Marketing und Social Media.